Hannover, 09.06.2020 – Der Sommer hat auch seine Schattenseiten, denn mit den steigenden Temperaturen sind wieder Durchfallerkrankungen auf dem Vormarsch. Für viele Krankheitsfälle sind Bakterien wie Campylobacter oder Salmonellen verantwortlich. Ein weiterer Knackpunkt: Hochsommerliche Temperaturen können zu niedrigem Blutdruck und dadurch zu einer verminderten Durchblutung führen. Das wirkt sich auch auf die Verdauung aus. Warum Bakterien jetzt leichtes Spiel haben, was bei der Hygiene besonders wichtig ist, worauf man besser verzichtet und wie man leichte Durchfallerkrankungen in den Griff bekommt, weiß die Apothekerkammer Niedersachsen.
Übeltäter: Bakterien
Das Thermometer klettert auf 20 Grad oder mehr? Dann haben krankmachende Bakterien, vor allem gramnegative Stäbchenbakterien, Hochsaison. Sie vermehren sich jetzt nicht nur schneller, sie leben auch länger. Zu den häufigsten Erregern zählt „Campylobacter Jejuni“, hiermit werden gerade in den warmen Monaten von Juni bis September die meisten Durchfallerkrankungen verzeichnet. Einen idealen Nährboden für „Salmonella enteritidis“ bieten Lebensmittel, die bei zehn Grad und höher lagern – dadurch kommt es in der warmen Jahreszeit zu einer erhöhten Anzahl von Durchfallerkrankungen. Während beim Campylobacter schon 500 Keime für eine Infektion reichen, sind Salmonellen erst ab circa 10.000 bis 1.000.000 Keimen infektiös. Vorsicht gilt vor allem für Immungeschwächte, ältere Menschen sowie Kleinkinder: Bei stark fetthaltigen Lebensmitteln wie Salami oder Käse reichen bereits Infektionsdosen von weniger als 100 Keimen.
Durchfall in der Selbstmedikation
Tritt Durchfall öfter als drei Mal pro Tag auf, ist er flüssig oder wässrig, sollte man handeln und sich in der Apotheke vor Ort zum richtigen Präparat und der passenden Dosierung beraten lassen. Neben Elektrolytlösungen können Präparate mit Wirkstoffen wie Tannin, Racecadotril oder Loperamid Abhilfe schaffen. Für diese Mittel gilt eine Tagesmaximaldosis, die nicht überschritten werden darf. Elektrolytpräparate sollen die verloren gegangenen Mineralstoffe und die Flüssigkeit ersetzen. Vor allem bei den besonders gefährdeten Kindern und älteren Patienten ist das sehr wichtig. Achtung: Bevor Kinder Medikamente erhalten, sollten sich Eltern vom Apotheker beraten lassen. Denn viele Präparate sind für Kinder Tabu. Auch die zusätzliche Einnahme von Quellmitteln oder anderen Durchfallpräparaten ist nicht empfehlenswert. Sensibel sollten Durchfallpatienten auf Warnsignale wie trockene Lippen, Schluckbeschwerden oder Konzentrationsprobleme reagieren, sie können auf eine gefährliche Dehydration hinweisen. Gerade bei Durchfall sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Im schlimmsten Fall drohen durch Elektrolytverschiebungen Kreislaufprobleme bis hin zum Kreislaufversagen.
Natürliche Helfer
Geriebener Apfel oder Karottensuppe sind die klassischen Hausmittel, wenn es um eine Selbstbehandlung bei Durchfall geht. Das Apfelpektin bindet überschüssiges Wasser und wirkt sich festigend auf den Stuhl aus. Die Oligogalakturonsäuren, die in Karotten enthalten sind, binden die Darmbakterien. Sie können sich dann nicht mehr so zahlreich an die Darmzellen anheften. Wohltuende Helfer sind Durchfalltees mit Odermeningkraut, Brombeerblättern oder auch Schwarztee. Vorteil: Wer viel trinkt, steuert zudem einem Flüssigkeitsdefizit entgegen. Flohsamenschalen sind bei Durchfall ebenfalls empfehlenswert. Ihre Schleimstoffe quellen bei Kontakt mit Flüssigkeit auf und binden dadurch überschüssiges Wasser, der Stuhl wird wieder fester. Uzarawurzel als Saft aus der Apotheke ist bereits für Kinder ab zwei Jahren zugelassen.
Hygiene ist ein Muss
Ob Fleisch – vor allem Geflügel –, das ungekühlt neben dem Grill bereitliegt, Eier- und Milchspeisen oder ungewaschenes Obst: Salmonellen können sich spielend leicht vermehren und gelangen über die Nahrung in den Darm. Fleisch, insbesondere Geflügel, muss grundsätzlich durchgegart werden, dabei am besten auf eine Kerntemperatur von mindestens 70 Grad Celsius für zehn Minuten achten. Rohmilch („Vorzugsmilch“) muss vor dem Verzehr gekocht werden. Ein idealer Nährboden für Salmonellen ist Hackfleisch. Hier unbedingt auf die Kühlkette achten und im Sommer das Mettbrötchen besser „ausfallen“ lassen. Besonders gefährdete Personen wie kleine Kinder, Schwangere, Senioren oder immunsupprimierte Menschen sollten kein rohes Fleisch wie Mett oder Teewurst essen und auf gut durchgegarte Eier und ausreichend erhitzte Fleischerzeugnisse achten. Obst wird vor dem Verzehr gründlich gewaschen. Bevor man Leitungswasser trinkt oder für Eiswürfel nutzt, sollte man es so lange laufen lassen, bis es kühl aus der Leitung kommt. Neben dem vollständigen Garen sollten auch Arbeitsplatten, die mit dem rohen Fleisch in Berührung gekommen sind, nicht zum Schneiden des Salates oder des Obstes verwendet werden. Eine gute Handhygiene durch gründliches, langes Händewaschen nach der Fleischzubereitung und natürlich auch nach dem Toilettengang oder dem Wechseln von Windeln ist dringend erforderlich.
Wann zum Arzt
Tritt neben dem Durchfall Fieber über 39 Grad Celsius auf, halten die Beschwerden länger als drei Tage an, gehen die Beschwerden mit kolikartigen Krämpfen oder Blutungen einher, sollte ein Arzt hinzugezogen werden. Säuglinge, Kinder und Senioren laufen bei Durchfall schnell Gefahr, zu dehydrieren und sollten vom Arzt behandelt werden.
Der Apothekerkammer Niedersachsen gehören rund 7.800 Mitglieder an. Der Apotheker ist ein fachlich unabhängiger Heilberufler. Der Gesetzgeber hat den selbstständigen Apothekern die sichere und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln übertragen. Der Beruf erfordert ein vierjähriges Pharmaziestudium an einer Universität und ein praktisches Jahr. Dabei erwirbt der Studierende Kenntnisse in pharmazeutischer Chemie und Biologie, Technologie, Pharmakologie, Toxikologie und Klinische Pharmazie. Nach dem Staatsexamen erhält er eine Approbation. Nur mit dieser staatlichen Zulassung kann er eine öffentliche Apotheke führen. Als Spezialist für Gesundheit und Prävention berät der Apotheker seriös und unabhängig. Er begleitet den Patienten fachlich, unterstützt ihn menschlich und hilft ihm so, seine Therapie im Alltag umzusetzen.
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Quelle: Apothekerkammer Niedersachsen